Eine Software hat natürlich nur begrenzte Möglichkeiten um verlorengegangene Daten wiederherzustellen. Wenn die Hardware noch intakt ist und die Daten nicht überschrieben worden sind, gibt es dennoch Hoffnung. Wie bereits im vorigen Artikel erwähnt, empfehle ich für eine Datenrettung die beiden Tools TestDisk oder PhotoRec. Im Rahmen der Möglichkeiten einer Software, kann mit den beiden Tools direkt auf den Datenträger zugegriffen werden und dank der Open-Source-Lizenz sind die Tools kostenlos verfügbar. 

Ursprünglich habe ich auf dieser Seite relativ viele verschiedene Programme für die Datenrettung aufgelistet. Da die Tools mehr oder weniger gut funktionierten und es wenig hilfreich ist, möglichst viele verschiedene Tools durchprobieren zu müssen, habe ich den Artikel wesentlich vereinfacht: Bei Problemen mit den Partitionen oder dem Zugriff auf den Datenträger würde ich als erstes TestDisk eine Chance geben, siehe: gelöschte Partition wiederherstellen: Linux / Windows (fat,ntfs,ext). Die Stärken von TestDisk liegen im Wiederherstellen von fehlerhaften oder gelöschten Partitionen.

gelöschte oder teilweise überschriebene Datenträger wiederherstellen

Wurden Daten gelöscht oder überschrieben oder die Festplatte neu formatiert, hilft bei Härtefällen eventuell noch das Tool PhotoRec. PhotoRec bietet sich zudem beim Wiederherstellen von Video- oder Photo-daten eines Wechseldatenträger an: SD Karte, Handy oder Smartphone. Der Grund warum PhotoRec hier eventuell noch was retten kann ist folgender: Beim Löschen einer Datei wird nur die Zuordnung zu dieser Datei gelöscht, die gelöschte Datei befindet sich trotzdem noch auf dem Laufwerk: Vorausgesetzt der freie Speicherplatz wurde in der Zwischenzeit von keiner anderen Datei überschrieben. Gelöschte Daten werden als gelöscht markiert, der Platz steht dann für andere Daten zur Verfügung. Informationen zu den Blöcken der Datei, wo sich einzelne Fragmente der Datei befinden, also welche Cluster für die Datei verwendet wurden, stehen in diesem Fall noch im Filesystem (FAT oder bei NTFS in der Master File Table). Ein Wiederherstellungs-Programm wie PhotoRec sucht auf Blockebene, auch Oberflächenscan genannt, nach den gelöschten Dateien und kopiert diese an einen anderen Ort. Dies kann grundsätzlich für alle Datenträger funktionieren: ob Festplatte, USB Wechseldatenträger, die SD Karte des Fotoapparates, Handys oder Smartphones (z.B. Android). Im Vergleich zu SSD-Festplatten liegt die Chance einer erfolgreichen Wiederherstellung bei klassischen Festplatten aber wesentlich höher, da bei SSD-Festplatten die TRIM-Funktion den gelöschten Bereich aufräumt, siehe:  SSD Daten wiederherstellen - gelöschte Dateien retten. Der Preis beim Einsatz von PhotoRec ist der Verzicht auf die Ordnerstruktur sowie der Filenamen: Alle Dateien werden mit einem neuen Dateinamen in einem Ordner abgelegt: also meist ein gewaltiges Chaos, aber immerhin enthält der chaotische Ordner Dateien, die über normale Wege nicht mehr zugänglich gewesen wären.

Ein Beispiel für das Überschreiben der Festplatte ist das Formatieren und Neuinstallieren des Betriebssystems oder die Verwendung eines Recovery Image: Viele PC Hersteller bieten ein sogenanntes Recovery Image an. Meist handelt es sich dabei um eine eigene Partition auf der Festplatte, welche die eigentliche Betriebssystem- und Datenpartition überschreibt. Das Ziel des Recovery Image ist es, den PC auf Werkseinstellung zurückzusetzen. Das Aufspielen dieses Images kann meist per Menü beim booten des PC angestoßen werden. PC- Reparatur- Servicestellen verwenden das Recovery-Image um schnell ein Softwareproblem ausschließen zu können. Vor jeder Reparatur mit einem solchen Image also unbedingt noch eine Datensicherung versuchen. Falls der PC nicht mehr startet, kann die Festplatte für die Datensicherung ev. in einen anderen PC gesteckt werden.

Da die Daten auf einer Festplatte in der Regel fragmentiert sind, können Datenrettungs-Programme fürs erste nicht unterscheiden, ob es sich um vollständige Dateien oder Teile von Dateien handelt. Dateien die also in einem Stück auf der Festplatte liegen, können wiederhergestellt werden, Dateien die in mehreren Fragmenten auf der Festplatte liegen nicht mehr so einfach. In der Regel wird aber nicht die komplette Festplatte überschrieben, daher können meist einzelne Dateien noch gerettet werden. Der Dateiname steht auch in der MFT und kann ohne dieser nicht wieder hergestellt werden. 

Die MFT (Master File Table) wird bei diesem Modus ignoriert und Dateien in nicht benutzen Clustern auf der Disk können ev. wiederhergestellt werden. Ein Oberflächenscan dauert dementsprechend meist einige Stunden um, die Festplatte zu analysieren. Das Wiederherstellen des Dateinamen und Dateiinformationen, wie das Aufnahmedatum bei Bildern, ist in diesem Modus nicht selbstverständlich, oft werden die Dateien einfach durchnummeriert und alle in einen Ordner kopiert.  

siehe: Download Testdisk / PhotoRec 

Restore-Test

Zugegeben: So richtigen Erfolg hatte ich bisher nur mit TestDisk. Sollte TestDisk beim Wiederherstellen nicht erfolgreich sein, konnte ich zwar mit PhotoRec jede Menge Dateien wiederherstellen, meist aber nur Thumbnails und defekte Files. PhotoRec ist die letzte Hoffnung und ich beneide niemanden, der gerade damit versucht Dateien wiederherzustellen. Im besten Fall endet die Wiederherstellung in stundenlangem Sortieren der Dateien aus dem Wiederherstellungs-Ordner ...

PhotoRec befindet sich, wie bereits beschrieben im Download von TestDisk und kann über qphotorec_win auch im Grafikmodus gestartet werden:

Auch bei einem Test konnte ich zwar jede Menge Dateien wiederherstellen, allerdings keine der zuvor gelöschten: 

Wichtige Voraussetzung für eine erfolgreiche Wiederherstellung

Eine Voraussetzung für eine erfolgreiche Wiederherstellung ist, dass der Speicherplatz in der Zwischenzeit nicht von anderen Dateien überschrieben wurde. Falls gelöschte Daten von einer Systemplatte wiederhergestellt werden sollen, empfiehlt es sich, diese keinesfalls mehr weiter zu verwenden.
In diesem Fall sollte der Rechner für den Rettungsversuch von USB / CD / DVD gestartet werden. Alternativ kann die Systemplatte auch ausgebaut und in einem anderen Rechner als zusätzlicher Datenträger betrieben werden.

Fazit

Wer auf Datenrettungstools angewiesen ist, sollte sich auf alle Fälle auch das Thema Backup genauer ansehen:  Backup Strategie am Beispiel Windows 10.

Zusatzinfo Windows: mit Hilfe des Systemschutzes können gesamte Laufwerke überwacht und somit vorherige Dateiversionen wiederhergestellt werden: überschriebene Daten wiederherstellen - Windows